Kürzlich erschien ein sehr beachtenswerter sechs-seitiger Artikel zur Anwendung der IEC 61850 beim Anschluss dezentraler Erzeuger wie die Photovoltaik in der Zeitschrift photovoltaik: “Eine Sprache für das Stromnetz” (von Dipl.-Ing. Heiko Schwarzburger MA).
Auszug: “Italien hat das Kommunikationsprotokoll IEC 61850 zum Gesetz erhoben. In Deutschland herrscht hingegen Kleinstaaterei. So werden die Netze zum Nadelöhr und ihre Modernisierung zum Milliardengrab.
Die Uhr tickt, doch vielen Anlagenbetreibern ist das gar nicht bewusst: Bis Ende 2013 müssen auch Solaranlagen mit 30 bis 100 Kilowatt Leistung durch den Netzbetreiber regelbar sein. In den vergangenen Monaten wurde diese Vorschrift zunächst bei Anlagen mit mehr als 100 Kilowatt umgesetzt, nun sind die kleineren Generatoren dran. Wer die erforderliche Technik nicht nachrüstet, riskiert den Netzanschluss und die Einspeisevergütung. …
Könnte, würde, sollte: In der Realität haben die Netzbetreiber das Sagen, nicht die Vernunft. So hat Eon Bayern im vergangenen Jahr in seinem Netzgebiet rund 5.500 regenerative Kraftwerke – Photovoltaik, Windräder, Biogasanlagen – mit Leistungen ab 100 Kilowatt ausgerüstet. Fernwirktechnik gab es nur für 150 Kraftwerke, die mehr als ein Megawatt leisten. An alle anderen lieferte Eon Bayern die unzureichenden Rundsteuerempfänger aus, keine Steuerboxen mit Fernwirktechnik. „Wir müssen die Kosten für die Betreiber im Blick haben“, sagt Markus Schwürzenbeck, Leiter des Einspeisemanagements bei Eon. „Sie bekommen von uns einen Rundsteuerempfänger für 356 Euro geliefert.“
Für 400 Euro wäre Fernwirktechnik auch für kleine Anlagen ab 30 Kilowatt verfügbar gewesen, beispielsweise durch die Firma IDS. Das Unternehmen lieferte unlängst 17.000 Geräte an die Lechwerke aus. Wegen der hohen Stückzahl gehen die Kosten runter. Oder könnten sinken, denn das ist bisher ein Einzelfall. Ein Massenmarkt für intelligente Steuersysteme ist nicht in Sicht.
Kleinstaaterei wie im Mittelalter
Das zweite Problem: In Deutschland gibt es rund 900 Netzbetreiber und Stadtwerke. Im Laufe der Jahrzehnte haben sie tausende Lösungen entwickelt, um ihre Generatoren zu steuern. Jedem Tierchen sein Plaisierchen: Da tobt sich die deutsche Kleinstaaterei so richtig aus. Auf ein einheitliches Kommunikationsprotokoll konnten oder wollten sich die Netzbetreiber bisher nicht einigen. „Die Rundsteuerempfänger haben in der Regel vier Relaiskontakte, die vom Wechselrichter ausgelesen werden“, erläutert der SMA-Experte. „Dafür werden unterschiedliche Standards verwendet. Die Vereinheitlichung der Protokolle wäre sinnvoll.
So wird das Netz zum Nadelöhr der Energiewende … Soll das Netz nicht zum Engpass für die Energiewende werden und dem Steuerzahler unnötige Milliardensummen abverlangen, braucht es eine Steuerung von unten. Und schon zeichnet sich ab, dass die Modelle zur schnellen Netzsteuerung noch komplexer werden. Nämlich dann, wenn Batterien und Elektroautos in die Strombilanzen eingreifen. Das Netz als freien Marktplatz für Strom aus allen erdenklichen Quellen zu definieren und dafür die technischen Voraussetzungen zu schaffen, das ist ohne einheitlichen Standard in der Datenkommunikation nicht möglich. Das Netz braucht eine Lingua franca, nicht nur in Italien.“
Für eine gewisse Übergangszeit (sicher von mehreren Jahren) wird das Fernwirkprotokoll IEC 60870-5-104 noch eine wichtige Rolle spielen. Auf Geräteebene in Schaltanlagen und Erzeugungsanlagen werden allerdings heute schon zunehmend Geräte mit IEC 61850 und IEC 61400-25 eingesetzt, die über ein Gateway zu IEC 60870-5-104 angeschlossen werden. Mit diesen Gateways wir den Netzleitsystemen eine Schonfrist über einen Migrationspfad hin zu IEC 61850 geboten. Damit werden neue Möglichkeiten nach IEC 61850 und IEC 61400-25 ermöglicht, ohne gleich in der Breite die Netzleistellen-Kopplung verändern zu müssen. Technisch wäre das sicher heute schon möglich! Neben den Netzleitstellen benötigen zunehmend auch andere Dienststellen und Gruppen Informationen über den Prozess, die Prozessautomatisierung und die Kommunikationsinfrastruktur: Asset Monitoring im engeren und weitesten Sinne – hier werden Daten sehr oft direkt mittels IEC 61850 und IEC 61400-25 ausgetauscht!
In der Normung der IEC 61850 wurde diese Migration schon vor etwa 10 Jahren beschrieben. Als Ergebnis dieser Arbeiten wurde 2008 der Teil IEC 61850-80-1 veröffentlicht:
Hier klicken, um den gesamten Artikel “Eine Sprache für das Stromnetz” zu lesen.
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