Eigentlich sehr sicher! Mit etwa 16 Minuten durchschnittlichen Versorgungsunterbrechungen pro Jahr stehen wir doch gut da! Ist das alles? Die Sicherheit der Stromversorgung hat sehr viele Aspekte, die im Allgemeinen der Bevölkerung wenig bekannt oder bewusst sind!
Wenn Sie diesen Blogpost lesen, dann sind Sie Experte in Fragen der Stromversorgung und haben eigene Erfahrungen. Es ist unter Umständen hilfreich, wenn wir uns auch zu anderen Themen als IEC 61850 und IEC 60870-5-10x austauschen. Der Stromausfall (“Leck” an einer Kabelmuffe in einem 35 Jahre alten Kunststoff-isolierten Kabel) vor unserer Haustüre (im wahrsten Sinne des Wortes) Mitte November 2013 hat mich animiert, etwas tiefer in Fragen der Versorgungssicherheit hineinzuschauen. Hier finden Sie ein paar Themen, die mir förmlich ins Auge gesprungen sind.
Störung in unserer Straße
Die Stadtwerke Karlsruhe haben sich mit großem Eifer und Sachverstand bemüht die schadhafte Stelle zu finden und reparieren:
Aufgrund der etwa siebenstündigen Versorgungsunterbrechung war mein Büro wirklich dunkel – und ich hatte Zeit die gesamte Operation aus nächster Nähe zu verfolgen. Einen ausführlicheren Bericht werde ich bei Gelegenheit einstellen.
Kabelprobleme
Laut FGH sind im Bereich der Niederspannung 400 V ca. 850.000 km Kabelsystem, 90% der Leistungslängen (60.000,-€ pro km) verlegt: das entspricht einem Wert von 51 Milliarden €.
Nach dem “Technischen Bericht 300” der FGH zeigt sich, “dass 3/4 aller Versorgungsunterbrechungen durch Schäden an den Kabeln verursacht werden. Auch wenn berücksichtigt wird, dass ein großer Anteil dieser Schäden auf unvermeidbare Beschädigungen von außen verursacht wird, verbleibt ein maßgeblicher Anteil dieser Schäden aufgrund Alterung und mangelnde Qualität der Kabelisolation.” Nach meiner Beobachtung der obigen Störung und der anschließenden Recherche komme ich zum Schluss, dass die elektrische Infrastruktur zum Teil sehr “alt” aussieht!
Versorgungsunterbrechungen
“Deutsche Elektrizitätsnetzbetreiber übermitteln der Bundesnetzagentur gemäß § 52 Energiewirtschaftsgesetz jährlich einen Bericht über die in ihrem Netz aufgetretenen Versorgungsunterbrechungen des Vorjahres. Dieser Bericht enthält Zeitpunkt, Dauer, Ausmaß und Ursache der Unterbrechungen. Für das Jahr 2011 meldeten 864 Netzbetreiber für 928 Netze ca. 206.673 Versorgungsunterbrechungen.” Quelle Bundesnetzagentur.
In Deutschland lag die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung 2012 nur bei bei 15,91 Minuten (SAIDI-Wert). Ist das viel oder wenig? Es kommt drauf an, wie die Unterbrechungen definiert sind. Auf der Website der Bundesnetzagentur kann man folgendes lesen:
“Beim SAIDI-Wert werden weder geplante Unterbrechungen noch Unterbrechungen aufgrund höherer Gewalt, wie etwa Naturkatastrophen, berücksichtigt. In die Berechnung fließen nur ungeplante Unterbrechungen ein, die auf atmosphärische Einwirkungen, Einwirkungen Dritter, Zuständigkeit des Netzbetreibers und aus anderen Netzen rückwirkende Störungen zurückzuführen sind. Die Unterbrechung muss zudem länger als drei Minuten dauern.”
Wie werden die Kurzunterbrechungen oder Spannungs-Kurzeinbrüche oder –überhöhungen von wenigen Sekunden erfasst oder in Statistiken berücksichtigt? Gute Frage! Welche Auswirkungen haben solche und andere Störungen? Unter Umständen können elektrische Geräte zerstört werden – oder ihr Rechner schaltet ab und ihre Arbeiten sind möglicherweise verloren gegangen … viele am Netz betriebenen Uhren werden ihnen nach einer Kurzunterbrechung keine verlässliche Uhrzeit mehr anzeigen und und …
Wie stark hängt unsere Gesellschaft von der Stromversorgung ab?
Als Kind habe ich erlebt, als meine Mutter beim einem einem Stromausfall im Sommer von der elektrischen Waschmaschine, die ja stehen geblieben war, in die Küche kam und meinte: “Dann kann ich ja in der Zwischenzeit schon mal bügeln!”
Der TAB-Bericht:
Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften –
am Beispiel eines großräumigen Ausfalls der Stromversorgung sollte unbedingt Pflichtlektüre aller Bundesbürger werden – vor allem der Ingenieure und insbesondere (!!) der Entscheidungsträger auf allen Ebenen.
Auszug: “Mit einem Beschluss des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung wurde das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) beauftragt, die Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls systematisch zu analysieren. Zugleich sollten die Möglichkeiten und Grenzen des nationalen Systems des Katastrophenmanagements zur Bewältigung einer solchen Großschadenslage aufgezeigt werden.
Aufgrund der nahezu vollständigen Durchdringung der Lebens- und Arbeitswelt mit elektrisch betriebenen Geräten würden sich die Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls zu einer Schadenslage von besonderer Qualität summieren. Betroffen wären alle Kritischen Infrastrukturen, und ein Kollaps der gesamten Gesellschaft wäre kaum zu verhindern. Trotz dieses Gefahren- und Katastrophenpotenzials ist ein diesbezügliches gesellschaftliches Risikobewusstsein nur in Ansätzen vorhanden.”
Hier KLICKEN, um den Bericht herunterzuladen [pdf, 2,9 MB].
Viel Spaß beim Lesen – vielleicht lesen Sie diesen Bericht nicht heute Abend … möglicherweise könnte Ihr Schlaf fliehen!
Es bedarf enormer Anstrengungen unserer Generation, unseren Kindern und Enkelkindern eine intakte und noch lange stabile Energieversorgung zu übergeben! Was wäre, wenn in 10 oder 20 Jahren die Kabel und Transformatoren und … ihren Dienst versagen? Eben mal neue Kabel legen und Transformatoren aufstellen wird technisch eine enorme Herausforderung sein – und wer soll die enormen Kosten tragen?